BERLIN EZ CAMPUS PLUS

Städtebaulicher Wettbewerb für den Berliner Standort des BMZ
Ausloberin Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen
Mit Mettler Landschaftsarchitektur
November 2021

Leitidee

Für unseren Entwurf haben dir die Idee des Campus als einen Ort der Begegnung, des Lernens und des Austausches zum prägenden Element entwickelt. Um den Campus gruppieren sich die bedeutenden Institutionen des Ministeriums BMZ mit Neubau und Europahaus, der Stiftung Flucht, Vertreibung und Versöhnung im Deutschlandhaus sowie der Martin-Gropius-Bau und die Topografie des Terrors. Als Solitäre Bausteine sind die fünf Gebäude in eine spannungsreiche räumliche Beziehung gesetzt, die klare öffentliche und gesicherte Räume schaffen.

Städtebauliche Einbindung

In der Umgebung wird die Berliner Innenstadt durch die historische kompakte Stadt und dicht bebaute Blocks geprägt. Entlang der öffentlichen Straßen werden klare Raumkanten durch die Bebauung in der Berliner Traufhöhe gebildet. Einzelne Hochpunkte bilden in Verbindung mit der nahgelegenen dichten und hohen Bebauung am Potsdamer Platz eine punktuelle städtebauliche Akzentuierung in die Höhe.

Keine gebauten Kanten mit Berliner Traufhöhe bilden die Ränder des Blocks im Wettbewerbsgebiet. Vielmehr handelt es sich um einen offenen Block. Eigenständige Solitäre der fünf Gebäude von Deutschland- und Europahaus, Neubau für das BMZ, Martin-Gropius-Bau und Topografie des Terrors in Verbindung mit unterschiedlichen urbanen Grünräumen prägen die Stadträume an den öffentlichen Straßen. Die Reste der Berliner Mauer schaffen im Norden einen historisch sehr markanten Ort.

Nach Innen entsteht auf dem Grundriss eines Berliner Blocks mit dem Campus an dieser Stelle ein neuer vielfältiger Ort für das Ministerium, Kultur und Geschichte. Dieser Campus ist offen und durch die fünf Gebäude klar räumlich gefasst.

Gleichzeitig wird durch die gewählte Komposition der Bausteine ein klarer stadträumlicher Bezug zwischen öffentlichem Straßenraum der Anhalter Straße und Martin-Gropius-Bau hergestellt. Blick- und Raumbeziehungen über den Campus hinweg kreieren ein offenes Miteinander aller Institutionen im Block und in der Umgebung. Die interne Nutzung durch das BMZ und / oder Folgeinstitutionen haben so die Möglichkeit offen nach Außen ihre Arbeit und Wirkungsweise darzustellen.

Baumassenentwicklung im Wettbewerbsgebiet

Wir schlagen einen langgestreckten kompakten 8-geschossigen Neubau für das BMZ mit einer Höhe von 33,6m auf der östlichen Seite des Wettbewerbsgrundstücks vor. Dadurch wird zwischen dem Deutschlandhaus mit einer Höhe von 26m, dem Europahaus mit einer Höhe von 48m und dem Neubau für das BMZ ein freier Campus aufgespannt.

Durch den Dreiklang an Höhen entsteht ein zusammenhängendes wohlproportioniertes städtebauliches Ensemble. Die historischen teils denkmalgeschützten Gebäude bleiben als bedeutende Stadtbausteine in Ihrer Eigenständigkeit gestärkt.

Martin-Gropius-Bau und Topografie des Terrors bleiben in ihren eigenständigen Proportionen als Unikate erhalten und werden in ihrer Bedeutung ebenso gestärkt.

Der Baukörper für das Ministerium ist so gegliedert, dass ein zurückspringendes offenes Erdgeschoss zu Anhalter Straße eine geschützte Protokollvorfahrt schafft und eine eindeutige Adresse für das Haus entsteht. Das gesamte Erdgeschoss ist nach Süden zur Anhalter Straße und zum neuen Campus im Westen offen zugänglich möglich, Sicherheitsaspekte sind innerhalb des Gebäudes und mit Zäunen berücksichtigt.

Zwei Untergeschosse sind für Fahrradabstellanlagen, Tiefgarage und Lager-/Technikflächen vorgesehen. Im ersten Untergeschoss ist eine direkte Verbindung zwischen Europahaus und Neubau konzipiert, um die zusammenhängende Nutzung beider Gebäude dauerhaft zu ermöglichen.

Die obere Baumasse ist um einen grünen Innenhof im zweiten Obergeschoss angeordnet. Zweigeschossige offene Bereiche schaffen nach Westen einen Bezug zum Campus und zum öffentlichen Raum an der Anhalter Straße. Nach Osten wird ein Bezug zur Topografie mit dem Robinienwäldchen und der nordwestlichen Blockecke an der Niederkirchner Straße / Ecke Weilhelmstraße hergestellt. Ein- und Ausblicke sind in das Ministerium an verschiedenen Stellen möglich.

Erschließungskonzept

Protokollvorfahrt und Tiefgaragenzufahrt für das Ministerium werden an der Anhalter Straße im leicht von der Straßenbegrenzungslinie zurücktretendem Vorbereich des Neubaus konzipiert. Über den neuen Campus ist sowohl für den Bestand im Europahaus als auch für den Neubau eine Durchfahrt / zweite Ausfahrt möglich. Die Bestandszufahrt am Europahaus von der Stresemannstraße bliebt erhalten. Durch eine Anpassung der Grundstückgrenzen durch Tausch von Flächen wird eine bessere Anbindung des Martin-Gropius-Baus an die Stresemannstraße und eine bessere Zonierung der Außenflächen des Ministeriums erreicht.

Ausreichende Fahrradabstellanlagen werden im Außenraum aber vor allem auch geschützt im ersten Untergeschoß vorgesehen.

Freiraumkonzept

Das Areal des EZ-Campus plus schafft mit seinem Freiraum ein vielfältiges, zukunftsgerichtetes und innovatives Angebot für Arbeit in einem gewachsenen urbanen Umfeld. Die Freiraumgestaltung um das Neubauvolumen orientiert sich an den Gegebenheiten des Ortes und bindet den wertvollen Baumbestand und die topografischen Besonderheiten des historisch bedeutsamen Stadtraumes, das von wichtigen Institutionen, Gebäuden und Freiräumen umgeben ist, in den Entwurf mit ein.

Die heutige Anlage wird durch die gezielte Positionierung des Neubaukörper in Räume mit unterschiedlicher Qualität aufgeteilt. Im Bereich des Haupteingangs bietet der versetzte Sicherheitsbereich einen öffentlichen repräsentativen Platzbereich, der für eine gute Vernetzung mit den umliegenden Freiräumen sorgt. Dank neuen, attraktiven Sichtbeziehungen und Verbindungen für Fussgänger*innen und Radfahrer*innen wird die Verbindung zum öffentlichen Freiraumsystem der Stadt verstärkt.

Die benachbarten Anlagen des Martin-Gropius-Baus, des Deutschlandhauses und der Topographie des Terrors bekommen durch den artifiziell ausgebildeten Platzbereich ein ebenbürtiges Gegenstück und werden freiräumlich mit dem Umfeld des zu sanierenden Europahauses verbunden. Die offene Fläche des Campus sorgt für Transparenz und lässt freie Blicke durch das Gelände zu. Lockere Baumgruppen, die teilweise den Baumbestand integrieren, verbinden die Teilräume der Anlage. Mit ihrer Ausrichtung leiten sie zu benachbarten Freiräumen. Unter den Bäumen werden Sitzgelegenheiten platziert, die zum Ausruhen einladen.

Die rückwertigen Bereiche des Neubaus werden dem Naturcharakter des `Robinienwäldchen` zugewiesen und als solche ausgestaltet. Die Bestandsbäume werden dort mit unterschiedlichen, heimischen Baumarten und Sträuchern ergänzt. Großkronige Arten (Wildkirsche, Ahorn, Linde und Nussbaum) spenden an sonnigen Tagen Schatten und gliedern den Freiraum. Die auf dem Vorplatz stehenden Baumgruppen aus Schnurbäumen (Sophora japonica) verleihen dem Ort einen repräsentativen Charakter. Um die Biodiversität zu erhöhen und als ökologische Ausgleichmassnahme wird die Dachfläche des Neubaus mit regionalem Ansaat in Kombination mit Wildstaudenpflanzung begrünt.

Die befestigten Wege sind aus grobkörnigem Asphalt, der mit einem Natursteinzuschlag Verbindung zu den benachbarten Vorplätzen des Deutschlandhauses als auch der Freiräume der Topographie des Terrors herstellt. Zusätzlich werden die Eingangsbereiche mit gesägtem Kopfsteinpflaster markiert. Sie sorgen für einen besonderen Charakter, verstärken die Wiedererkennbarkeit und nehmen Bezug auf den repräsentativen Charakter des Vorplatzes des Gropius Baus. Auf das Mobiliar abgestimmte Mastleuchten sorgen für angenehme Atmosphäre und Sicherheit auch in den Abendstunden.

Die gewählten Pflanzen und Materialien sind neben ihrer Attraktivität pflegeleicht und robust. Mit der Gestaltung des Freiraumes wird für die Mitarbeiter*innen und Besucher*innen eine Vielzahl an unterschiedlichen Aufenthaltsbereichen geschaffen, die jeglichen Bedürfnissen Raum bieten.

Aspekte der Nachhaltigkeit

Der Neubau ist als Holzbau in Skelettbauweise geplant. Der Einsatz von nachwachsenden Baustoffen wird auch im gesamten Projekt vorgesehen für Fassaden und kompletten Ausbau.

Wir sehen die Nutzung von Geothermie und Sonnenenergie und somit einen kompletten Verzicht auf fossile Energieträger vor. Heizung und Warmwasser werden durch Erdwärme gedeckt. Im Sommer wird die Geothermie zur passiven Kühlung des Gebäudes eingesetzt.  Eine thermische Solaranlage mit Hybridelementen auf dem Dach ist sowohl für Photovoltaik als auch für Solarthermie genutzt.

Recycling: Abbruchmaterial (Bauschutt vom Abriss Tiefgarage / Parkplatz) sollte vor Ort recycelt werden. So könnte Z.B. RC-Beton aus Abbruchbeton vor Ort hergestellt werden. Das spart etliche Transporte weg von der Baustellte und zur Baustelle. Die Verwendung von RC-Beton kann für Erd- und Landschaftsbau oder als Zuschlagstoff statt Kies/Sand bei Beton für Wände und/oder Decken im Hochbau erfolgen.

Wir schlagen vor, ein Modellprojekt mit Hochschule(n) in Berlin zu initiieren, in dem das Recycling von Baumaterialien in einem Feldversuch vor Ort praktisch untersucht und umgesetzt wird. Studierende der Architektur / Landschaftsarchitektur / Bauingenieurwesen könnten somit eine weitere Pioniernutzung einbringen. Ggf. ist eine Kooperation möglich mit dem europaweiten Projekt URGE: Circular Building Cities, das innovative Wege sucht, um die Kreislaufwirtschaft im Bausektor zu etablieren. Gefördert wird das EU-Projekt durch URBACT, das europäische Programm für nachhaltige Stadtentwicklung.

Angeknüpft werden soll auch an die Berliner Initiative re-use: Die Bauteilbörse so nutzen, dass eine Wiederverwendung von Bauteilen und ein Recycling von Beton, Ziegeln und Gips auch in die stadtweiten Netzwerke eingebunden ist. Dies ist ein Urban Mining – Bergbau in der Stadt zur Wiederverwendung von Bauteilen aus den abzureißenden Gebäuden (Fassadenelemente, Brüstungselemente, Geländern u.a.m.). Auch eine Kooperation mit dem Haus der Materialisierung (HdM) als Zentrum für zukunftsfähige Ressourcennutzung am Areal Haus der Statistik am Alexanderplatz ist angestrebt für eine regionale Nutzung von Ressourcen.

Aspekte der Klimaneutralität

Durch Bauweise und Einsatz regenerativer Energien wird mindestens Klimaneutralität erreicht. Ziel für den Neubau des Ministeriums ist ein Plusenergiestandard.

Die Nutzung des Campus ist, an diesem Standort mit der S-Bahn Anhalter Bahnhof vor der Tür, auf die Nutzung vom öffentlichen Nahverkehr und Fahrradverkehr ausgelegt.

Mit dem großen Anteil wasserdurchlässiger Beläge, vielfaltiger Bepflanzung und den ökologischen Ausgleichflächen steuert das Konzept zur Nachhaltigkeit bei, unterstützt das natürliche Regenwassermanagement und verbessert das Lokalklima.